Trauma Releasing Exercises sind Methoden, die unterstützend zur Heilung traumatischer Erfahrungen, posttraumatischer Belastungsstörungen und starker Stressbelastungen eingesetzt werden können. Sie wurden maßgeblich vom US-amerikanischen Psychotherapeuten, Biogenetiker, Massagetherapeuten, Theologen und Sozialarbeiter David Berceli (Jahrgang 1953) entwickelt.
Das Leiden der „Kriegszitterer“
Mit der überaus erfolgreichen deutschen Kriminalserie Babylon Berlin, die in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts spielt, rückte breiten Massen ein Krankheitsphänomen ins Bewusstsein, das unmittelbar mit den schrecklichen Erlebnissen an der Front des Ersten Weltkriegs verbunden ist: das „Kriegszittern“. Die Betroffenen zitterten unkontrollierbar am ganzen Körper, konnten sich nicht auf den Beinen halten und in schweren Fällen nicht bzw. nicht selbstständig essen. Damals wurde die Krankheit häufig missgedeutet und, wenn überhaupt, mit brutalen Methoden wie Elektroschocks „behandelt“. Viele der im Krieg traumatisierten Soldaten blieben ihr Leben lang gezeichnet.
Zittern als Ausdruck posttraumatischer Belastungsstörungen
100 Jahre später ist die Forschung deutlich weiter. Das Zittern wird verstanden als Ausdruck einer, wie es heute genannt wird, posttraumatischen Belastungsstörung. Der Traumatherapeut David Berceli erklärt das Zittern als natürliche körperliche Reaktion des Organismus auf traumatische Erlebnisse und Schock. Er lokalisiert den Auslöser des Zitterns in den Psoas-Muskeln, die in der Körpermitte des Menschen liegen. Die Psoas-Muskeln verbinden den Rücken, das Becken und die Beine. Bei traumatischen Erlebnissen ziehen sich diese Muskeln zusammen, um den lebenswichtigen Brust- und Bauchraum mit seinen Organen zu schützen. Ist die Gefahr vorüber, geben die Psoas-Muskeln ihre schützende Spannung auf und kehren in einen entspannten Zustand zurück. Wenn diese Entladung nicht stattfinden kann, bleibt der Körper im Stresszustand gefangen: Die Anspannung wird zum Dauerzustand.
Radikale Umdeutung des Zitterns durch TRE®
TRE® hat eine völlig andere Sicht auf das Zittern als die Psychiater, die die so genannten „Kriegszitterer“ des Ersten Weltkriegs behandelten. Wurde das Zittern bisher in erster Linie als pathogenes, als krankhaftes Phänomen betrachtet, das es zu beseitigen bzw. unterdrücken galt, so sehen TRE®-Therapeuten das Zittern ganz im Gegenteil als Teil des Lösungsmechanismus. Das Zittern ist aus der TRE®-Perspektive ein wünschenswerter, natürlicher Mechanismus des Körpers, um aus der Kontraktion zu kommen und die Anspannung zu lösen. Es ist der Versuch des Körpers, in sein inneres Gleichgewicht zurückzufinden. Solange dies nicht gelingt, wiederholen sich die belastenden Erlebnisse in Träumen, Gedankenschleifen, Flashbacks und belastenden Gefühlen.
Zittern aktiviert die Selbstheilungskräfte des Körpers
Traum Releasing Exercises können ein Weg sein, dauerhafte Anspannung zu lösen. Das Zittern wird dabei bewusst herbeigeführt, um mit seiner tiefenentspannenden Wirkung das erlebte Trauma zu lösen. Über das körperliche Zittern wird das Trauma auch auf psychischer Ebene gelöst. Das Zittern wird dabei immer nur bis zu dem Maß zugelassen, in dem das Individuum dazu in der Lage ist, damit selbstregulierend umzugehen. So kann sich das Trauma langsam und kontrolliert lösen.
Die sieben Übungen der TRE® halfen Traumaopfern auf der ganzen Welt
David Berceli entwickelte auf Grundlage verschiedener östlicher Methoden wie Yoga und Tai Chi sieben Übungen, die ein neurogenes Zittern hervorrufen. Das Zittern ergreift jene Muskeln, die durch Belastungen übermäßig angespannt sind und ermöglicht es ihnen, ihn einen entspannten Zustand zurückzukehren. Berceli arbeitete mit Traumaopfern weltweit, beispielsweise nach den Anschlägen in Norwegen 2011 und dem Schulmassaker in Newtown, Connecticut. Nach Bercelis Angaben kamen bislang mehrere Zehntausend Menschen mit seinen Methoden in Kontakt. Studien bestätigen die Wirksamkeit, was Angst- und Stressreduktion anbelangt, und heben die einfache Erlernbarkeit und Anwendbarkeit der Methoden hervor.
TRE®-Therapeuten wie Karla Johanna Schaeffer haben sich darauf spezialisiert, Patienten von Stress, Panik und Trauma zu befreien. Schaeffer bezeichnet TRE® als eine der „modernsten und wirkungsvollsten Methoden der Traumaheilung“ und bietet ihre Hilfe auch als Podcast an.
Möglichkeiten der Anwendung
TRE® lassen sich unterstützend bei jeder Art von Belastung einsetzen, die dem Betroffenen „zu viel“ ist, die ihn überwältigt und seine Stresskompetenz übersteigt. Dies können schockierende, belastende oder angsteinflößende Erlebnisse sein, deren negativer Einfluss auf den Betroffenen anhält, auch wenn die unmittelbare Belastungssituation vorüber ist. TRE können aber auch hilfreich bei Burnout-Patienten eingesetzt werden, da eine Burnout-Situation ebenfalls eine Situation großer, chronischer Anspannung ist.
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