Forschern ist aufgefallen, dass manche Menschen mit Schicksalsschlägen und Krisen deutlich besser umgehen können als andere. Dieses Phänomen wird Resilienz genannt. Resilienz bezeichnet unsere inneren Ressourcen, die uns dabei helfen, Krisen zu meistern und möglichst unbeschadet zu überstehen. Manche Menschen sind von Natur aus mit mehr Resilienz gesegnet als andere und scheinen auch durch noch so schwierige Zeiten weitgehend unbelastet einfach so durchzuspazieren. Wer von Haus aus weniger Widerstandskraft hat, kann aber selbst einiges tun, um seine Belastbarkeit zu fördern, seine Resilienz zu stärken und schwierige Lebenssituationen gut zu gestalten.
Die eigene Resilienzförderung zur täglichen Routine machen
Wenn Sie sich die folgenden fünf Selbst-Coaching-Übungen zur täglichen Routine machen, werden Sie spüren, wie Sie Schritt für Schritt stärker werden, Probleme spielerischer lösen lernen und Ihre Widerstandskraft erhöhen. Indem wir dysfunktionale Glaubenssätze überwinden, spüren wir nach und nach unsere Selbstwirksamkeit und gelangen zu mehr Resilienz. Die eigene Selbstwirksamkeit zu erhöhen ist zum einen eine gute Prophylaxe – manche schwierige Situation sieht dann erst gar nicht so düster aus wie ohne Stärkung der eigenen Resilienz. Zum zweiten sind Sie dann gewappnet für die nächste Krise und wissen, wie Sie besser durchkommen.
Übung Nr. 1: Sich der eigenen Krisenkompetenz bewusst werden
Als erwachsene Menschen haben wir alle schon etliche Krisensituationen erlebt: Trennungen, Tod oder Krankheit eines lieben Menschen, eigene Erkrankungen, Arbeitsplatzverlust u. v. m. Nehmen Sie sich etwas zu schreiben und notieren Sie, was Ihnen geholfen hat, durch diese Krise zu kommen – wie haben Sie die schwierige Situation bewältigt? Das können lange Spaziergänge zum Ordnen der eigenen Gedanken und Gefühle sein, gute Gespräche mit einem engen Freund oder jemandem aus der Familie, eine Auszeit bei einem Kurzurlaub und ganz vieles anderes mehr. Schauen Sie sich an, was Sie notiert haben: Das sind Ihre persönlichen Strategien zur Bewältigung von Krisen. In der nächsten schwierigen Situation können Sie bewusst darauf zurückgreifen. Ein Spaziergang, ein Gespräch oder ein Kurzurlaub werden Ihre Krise nicht direkt lösen – sie können Ihnen aber den Rücken stärken und damit ein wichtiger Baustein sein, gut durch schwierige Situationen zu kommen.
Übung Nr. 2: Den Fokus auf die eigenen Talente lenken
In unserer modernen Leistungsgesellschaft steht oft das im Vordergrund, was (noch) nicht perfekt klappt oder weiter optimiert werden soll. Und es ist ja grundsätzlich nicht verkehrt, sich ein Leben lang fortzuentwickeln, weiterzubilden und immer Neues dazuzulernen. Doch bei dem Blick auf das, was noch nicht hundertprozentig gut ist, geht uns allzu häufig die innere Sicht auf unsere Vorzüge, Talente und Kompetenzen etwas verloren. Das hat psychische Konsequenzen: Es schwächt das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Notieren Sie doch einmal zehn Dinge, die Sie sehr gut können. Vielleicht sind Sie für Ihre Strukturiertheit, Ordnungsliebe und Zuverlässigkeit bekannt? Oder Sie werden geschätzt, weil Sie immer vor kreativen Ideen sprühen? Oder sind Sie eine der Personen, die mit Ihrem Humor es schafft, die Kollegen immer wieder aufzumuntern? Das sind alles hervorragende und wertvolle Eigenschaften – lernen Sie sich für Ihre Vorzüge zu schätzen und lenken Sie nicht den Blick auf das, was andere möglicherweise besser oder leichter können! Auf diese Fähigkeiten können Sie in der nächsten Krise zurückgreifen und sie werden Ihnen helfen, sie zu meistern.
Übung Nr. 3: Den Stressmodus stoppen
In einer schwierigen Lebenssituation geraten wir in Stress. Das Adrenalin steigt an, der Körper schüttet mehr Cortisol aus. Diese körperlichen Reaktionen stammen aus Urzeiten, in denen Stress darin bestand, einem Mammut oder Säbelzahntiger gegenüberzustehen und schnell reagieren zu müssen, um das eigene Leben zu retten. Moderne Krisen bestehen aber in der Regel aus Stress mit den Kollegen, dem Vorgesetzten oder zu viel Arbeit mit drängenden Deadlines. Setzen Sie sich einmal in Ruhe hin und überlegen Sie: Was kann wirklich passieren? Werden Sie wirklich gleich gefeuert, wenn Sie eine Arbeit nicht in der vorgegebenen Zeit erledigen können? Oder haben Sie vielleicht eigentlich einen ganz guten Kündigungsschutz? Ist es wirklich so schlimm, dass Sie Ihren Chef für inkompetent und führungsunfähig halten – schließlich sind Sie ihn jeden Tag nach Feierabend auch wieder los!? Viele Stresssituationen entstehen aus unserem eigenen Anspruch nach Perfektion und der Diskrepanz zwischen Wunschvorstellung und Realität. Versuchen Sie einmal ganz bewusst, Ihren Anspruch an die Realität herunterzuschrauben.
Übung Nr. 4: Eine Auszeit nehmen
In der Krise verfallen wir auf erlernte Routinen und festgefahrene Handlungsweisen. Das ist ein Schutzmechanismus, denn in der Krise geht es ja darum, Ressourcen zu sparen – und automatisierte Schemata machen genau das. Sie sind aber nicht unbedingt am besten dazu geeignet, die Krise zu meistern, denn schwierige Situationen erfordern meist eher kreative Lösungen und neue Perspektiven. Umso wichtiger ist es in der Krise, aus dem alltäglichen Ablauf immer gleicher Handlungen von Zeit zu Zeit auszubrechen. Überlegen Sie sich, wo und wann Sie die besten Ideen haben: beim Radfahren? Beim Lesen? In Gesprächen mit Freunden? Wenn Sie in einer Krise nicht weiterwissen, führen Sie genau diese Auszeit-Situation herbei, um neue Lösungsansätze zu finden.
Übung Nr. 5: Für sich selbst sorgen
Viele von uns reiben sich auf in dem Versuch, dem (vermuteten oder realen) Anspruch anderer an sich gerecht zu werden: Wir machen es den Eltern recht, den Kindern, den Kollegen, den Vorgesetzten, den Nachbarn, dem Partner, den Freunden … Und bleiben dabei selbst manchmal auf der Strecke! Für sich selbst zu sorgen ist nicht zu verwechseln mit Egoismus. Für uns selbst zu sorgen, schadet den Menschen um uns herum nicht, sondern kommt ihnen letztlich auch zugute. Wenn es uns gutgeht, geht es den Menschen in unserem Umfeld auch besser. Deshalb: Zeigen Sie die Stärke, beispielsweise eine Veranstaltung oder Verabredung abzusagen, wenn es Ihnen an diesem Tag zu viel ist. Erklären Sie anderen Menschen Ihre Gründe und Ihre Situation und wenn es Ihr Gegenüber gut mit Ihnen meint, werden Sie Verständnis ernten. Hören Sie gut in sich hinein und lernen Sie, was Ihnen guttut. So füllen Sie Ihr Kraftreservoir nachhaltig auf.
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