Vom Wocheneinkauf nur die Hälfte mitgebracht, den Namen des Nachbarn schon wieder vergessen, einen wichtigen Termin verpasst – diese Situationen kennt jeder. Bis zu einem gewissen Grad ist Vergesslichkeit ein normaler Selektionsprozess des Gehirns. Schließlich kann nicht jede Information im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Das Hirn sortiert also Informationen aus, und was im Filter hängenbleibt, wird vergessen. Vereinzelte Aussetzer des Gedächtnisses haben daher noch keinen Krankheitswert – sind im Gegenteil sogar wichtig für die dauerhafte Erhaltung der Gedächtnisleistung.
Deutliche Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit wie Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit und Merkprobleme zählen allerdings zu den zahlreichen Symptomen des Burnout-Syndroms. Wer unter dem Burnout-Syndrom leidet, hat nicht etwa nur den „Kopf zu voll“. Chronischer Stress, der zu den Hauptfaktoren eines Burnouts zählt, wirkt tatsächlich zerstörerisch auf das Gehirn. Sowohl die Symptome als auch die physiologischen Auswirkungen von Dauerstress auf das Gehirn ähneln jenen einer Demenzerkrankung.
Konzentrationsschwäche und Vergesslichkeit sorgen bei Betroffenen und ihrem Umfeld nicht nur in der Akutsituation für Unsicherheit und Angst und treiben damit die Abwärtsspirale in den Burnout weiter voran. Besonders tückisch sind die Spätfolgen: Dauerstress kann irreversible Folgen für das Gehirn haben und das Risiko erhöhen, im Alter an Demenz oder Alzheimer zu erkranken. Studien legen nahe, dass Stress eine beginnende Demenzerkrankung beschleunigt.

Was ist eigentlich Stress?

Stress führt nicht zwangsläufig zu einer Burnout-Erkrankung. Kurzfristig steigert Stress sogar die Leistungsfähigkeit. Folgen aber auf Stressphasen nicht ausreichend Zeiten der Entspannung und wird Stress zum Dauerzustand, hat das gefährliche Folgen für den Körper.
Der Stresszustand hat evolutionsbiologisch eine wichtige Funktion: Er hilft, den Körper auf Kampf oder Flucht vorzubereiten. Adrenalin-, Noradrenalin- und Corticoidausschüttungen steigern Herzfrequenz und Durchblutung, setzen Glucose und damit Energie frei, die Blutgerinnung wird beschleunigt. Nicht akut benötigte Körperaktivitäten wie Magen- und Darmtätigkeiten werden eingeschränkt. Auch das Immunsystem wird etwas heruntergefahren – so spart der Körper Energie, die er für die Kampf- oder Fluchtsituation einsetzen kann. In der modernen Arbeitswelt finden diese Auseinandersetzungen aber so nicht mehr statt. Die Folgen des Stresszustands sind eher hinderlich, um die Herausforderungen der heutigen Zeit zu bewältigen. Das Hormon Cortisol beispielsweise kann das Hirn regelrecht ausschalten. Dieses Phänomen kennt jeder, der bereits einmal einen „Blackout“ in einer Prüfungssituation erlebt hat.
Wer nicht gelernt hat, vom Stresszustand immer wieder in den erholsamen Entspannungszustand zu wechseln, gefährdet seine mentale Leistungsfähigkeit nachhaltig, denn der dauerhaft erhöhte Cortisolspiegel verändert langfristig das Gehirn physiologisch und anatomisch. Diese Veränderungen betreffen hauptsächlich den Hippocampus. Diese Hirnregion ist für Gedächtnisbildung, Konzentrationsfähigkeit und Kurzzeitgedächtnis zuständig, filtert auch wichtige und unwichtige Sinneswahrnehmungen. Kommt es also zu einer Störung im Hippocampus, werden Betroffene zerstreut, vergesslich und unruhig.

Irreversible Veränderungen im Gehirn

Chronisch gestresste Menschen wie beispielsweise Burnout-Patienten sind aufgrund der Veränderungen im Gehirn häufig weniger leistungsstark, weniger kreativ, weniger produktiv. Hält der Stress über mehrere Monate hinweg an, können Zellen im Hippocampus absterben. Da sie – anders als andere Körperzellen – nicht nachgebildet werden können, sind die Schäden irreversibel. Sie können dann nur noch durch die so genannte Neuroplastizität des Hirns kompensiert werden. Neuroplastizität bedeutet, dass sich Synapsen, Nervenzellen und ganze Hirnareale bis ins hohe Alter verändern können. Indem man etwas Neues lernt oder etwas Gedächtnistraining betreibt, können bestehende Schäden ausgeglichen werden. Im Netz gibt es zahlreiche Anregungen für Gedächtnisübungen, z. B. hier oder hier.

Wer hilft?

Wer nicht ohnehin bereits wegen eines Burnout-Syndroms in Behandlung ist und vermehrte Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen bei sich feststellt, sollte zunächst mit dem Hausarzt sprechen. Er kann direkt in der Praxis erste Kurztests vornehmen. Die genauere Diagnostik übernimmt dann idealerweise ein Neurologe, ein Psychiater oder eine Spezialambulanz für Gedächtnisstörungen. Mit neuropsychologischen Testverfahren lässt sich die Ursache der Gedächtnisprobleme nachvollziehen und genauer verorten.

Therapieansätze zur Gedächtnisstärkung

In gewisser Weise ist das Gehirn mit einem Muskel vergleichbar: Regelmäßiges Training und neue Reize führen zur Stärkung der Leistungsfähigkeit. Neben dem oben bereits beschriebenen so genannten Gehirnjogging ist das Erlernen einer neuen Sportart ideal zur Prävention und Therapie von Burnout-bedingten Gedächtniseinschränkungen geeignet. Durch die körperliche Aktivität sinkt der Adrenalin- und Cortisolspiegel, das Gehirn wird aus dem Stresszustand geholt, die Durchblutung und die Versorgung mit Nährstoffen verbessern sich und durch die Beschäftigung mit etwas Neuem entstehen neue Synapsen. Das Gehirn zählt tatsächlich zu den Organen, die von sportlicher Aktivität am stärksten profitieren. Gerade für Burnout-Patienten mit depressiver Symptomatik sind solche Sportarten besonders geeignet, die mit anderen Menschen zusammen ausgeübt werden, wie z. B. Tanzen, Mannschafts- oder auch Kampfsport, Yoga oder Thai Chi. Die soziale Interaktion, das Miteinander mit anderen Menschen ist ein weiterer wichtiger Faktor auf dem Weg aus dem Burnout.
Wer unter Stress steht, achtet häufig nicht genug auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Gerade in Stresszeiten wäre es aber wichtig, den Körper und vor allem das Gehirn mit allen wichtigen Vitalstoffen zu versorgen.
Neben Entspannung, Sport, sozialer Aktivität und ausgewogener Ernährung gibt es auch medikamentöse Wege zur Gedächtnisstärkung in der Shop-Apotheke. Traditionell wird Gingko bei nachlassender Gedächtnisleistung eingesetzt. Es kann den Sauerstoffgehalt im Gehirn verbessern, die Hirndurchblutung steigern und die Nervenzellen stärken. Präparate mit Gingko-Extrakten werden nicht nur bei älteren Patienten eingesetzt, sondern können auch jüngeren Burnout-Betroffenen helfen, die unter Konzentrations- und Gedächtnisschwäche leiden. Weitere Wirkstoffe, die zur Gedächtnisstärkung eingesetzt werden, sind Ginseng oder Taigawurzel. Die Zeitschrift Öko-Test hat etliche Präparate auf ihre Wirksamkeit hin getestet und ist zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Immerhin ein Mittel erhielt das Prädikat „gut“.
Weitere Informationen über Therapieansätze bei Burnout finden Sie hier.