Burnout-Diagnose in der Psychotherapie

Burnout-Diagnose in der Psychotherapie

Spricht man mit Betroffenen, wird schnell klar: Die Diagnose Burnout ist fast Glückssache. Glück nicht in diesem Sinne, ausgebrannt zu sein, sondern überhaupt zu erfahren, was mit einem selbst los ist und was man dagegen tun kann. Nur die wenigsten Burnout-Betroffenen erkennen, welches Problem vorliegt und werden meist erst durch die Diagnostik von Außen auf die mögliche Diagnose Burnout aufmerksam gemacht. Doch noch viel häufiger passiert es, dass die Ausgebrannten vom sozialen Umfeld, Hausarzt, Psychotherapeuten oder Psychiater als psychisch krank diagnostiziert, demzufolge falsch und somit auch wirkungslos behandelt werden. Die Falschdiagnose Depression ist vorprogrammiert.

Warum ist die Diagnose Burnout so schwer zu erheben?

Obwohl die wissenschaftliche Erforschung des Burnouts inzwischen vorangeschritten ist und kein Zweifel mehr daran besteht, dass es das Burnoutsyndrom gibt und dass es sich deutlich von psychischen Erkrankungen wie der Depression abgrenzen lässt, haben Hausärzte und Psychotherapeuten die Diagnose Burnout noch nicht wirklich “auf dem Schirm”. Als Grund dafür kommt in Betracht, dass eine Vielzahl an psychischen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen einhergeht und viele Mediziner und Therapeuten scheinbar aus Gewohnheit, vielleicht sogar aus Bequemlichkeit eher depressive Verstimmungen oder Depressionen diagnostizieren.

Erschwerend kommt hinzu: Das Burnoutsyndrom ist nach wie vor nicht als eigenständige Krankheit in den ICD-10 Katalog aufgenommen. Statt separater Klassifizierung zählt der ICD-10 Katalog den Zustand des Ausgebranntseins zur Kategorie Z73, die sich auf “Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung” bezieht. Somit gibt es die Diagnose Burnout offiziell (noch) gar nicht und ebenso wenig einen standarisierten diagnostischen Weg, um das Burnoutsyndrom festzustellen oder auszuschließen.

Das ICD-10 Kapitel XXI, welches die Kategorie Z00 bis Z99 umfasst, beschreibt lediglich Faktoren, welche den Gesundheitszustand beeinflussen. Insofern folgen Mediziner und Therapeuten nach wie vor der Auffassung, dass beim Burnoutpatienten in jedem Fall eine psychische Erkrankung vorliegen muss und der Erschöpfungszustand des Burnouts “nur” eine Nebenerscheinung bzw. Begleiterkrankung sei. Dies wiederum lässt erahnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Fehldiagnose einhergehend mit falscher Behandlung des Burnouts ist.

Die Folgen einer Fehldiagnose für die Burnoutbetroffenen sind fatal:

  • Sie werden zum Beispiel mit Antidrepressiva behandelt, welche nicht helfen, jedoch abhängig machen und diverse Nebenwirkung mit sich ziehen können.
  • Der Burnout-Zustand verschlimmert sich, so dass sich dann tatsächlich psychische Erkrankungen wie Depression sowie Suizidalitätsabsichten entwickeln können.
  • Durch die burnoutbedingten biochemischen Körperprozesse werden psychosomatische Erkrankungen stark gefördert, die bei Ausbruch einen ernsthaften, sogar lebensbedrohenden Verlauf nehmen können.

Der erste Verdacht: Depressiv oder Burnoutsyndrom?

Genesung nach der Diagnose Burnout

Genesung nach der Diagnose Burnout

Die ersten Burnoutphasen werden kaum wahrgenommen. Erst wenn deutliche Symptome wie dauerhafte Müdigkeit, permanenter Leistungseinbruch, Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen und vielleicht sogar schon körperliche Beschwerden und Einschränkungen auftreten, formt sich zunehmend das Bild einer ernstzunehmenden Erkrankung. Dabei richtet sich der Fokus nicht zwingend auf den stressbedingten Burnout und ebensowenig werden die körperlichen Beschwerden direkt auf psychosomatische Erkrankungen zurückgeführt.

Insbesondere die nachlassenden Leistungen lassen schnell völlig falsche Rückschlüsse zu. Burnoutbetroffene im fortgeschrittenen Stadium gehen früh schlafen, machen immer mehr Pausen, leisten immer weniger sind deutlich öfter krank. Diese Veränderung wird nicht selten von Außenstehenden (auch Ärzten) als Faulheit oder Simulanz ausgelegt – denn anders als Arm- oder Beinbruch ist der fatale Erschöpfungszustand nicht äußerlich sichtbar.

Im fortgeschrittenen Zustand des Ausgebranntseins ist es tatsächlich schwierig, das Burnoutsyndrom von einer Depression zu unterscheiden, da ähnliche Symptome auftreten können und die schwerwiegende Erschöpfung dermaßen zur seelischen Belastung wird, so dass sich neben dem Ausgebranntsein vielleicht eine zusätzliche Depression entwickelt. Die Anzeichen der Depression überlagern möglicherweise die Burnoutsymtome. Wenn der Therapeut keine intensive Ursachenforschung betreibt und sich nur wenig Zeit für die Diagnostik nimmt, kommt es zur Fehldiagnose Depression, während die wichtige Diagnose Burnout unberücksichtigt und der Burnout unbehandelt bleibt.

Die Selbstdiagnose: Sind Sie burnoutgefährdet?

Sie gehören insbesondere dann zur Risikogruppe, wenn Sie mit vollem Elan durch Ihr Leben rasen oder gerast sind und in Ihrem engeren sozialen Umfeld Freunde, Verwandte und Bekannte bereits zu Ihnen gesagt haben: “Wenn du nicht langsamer trittst, brichst du irgendwann zusammen!

Häufig bemerken Mitmenschen sehr viel eher, dass Gefährdete und Betroffene zu viel Stress haben, unter Strom stehen und nur wenig auf ausreichend Erholung achten. Zwar werden nicht medizinisch oder psychologisch geschulte Menschen gerne als Hobby- und Küchentischpsychologen abgetan, doch gerade nahestehende Personen bekommen im Alltag viel über das Stresspotenzial sowie unzureichende Erholung mit. Außerdem wissen Freunde, Eltern, Geschwister meistens mehr über die Biographie, wodurch sie – nicht immer, aber in vielen Fällen – durchaus gut abschätzen können, ob eine Depression vorliegt oder die Veränderung durch massive Erschöpfung verursacht wird.

Indem Sie hier unseren kostenlosen Burnout-Test machen und Sie sich mit Vertrauenspersonen in Ihrem engen Umfeld austauschen, können Sie eine erste Selbstdiagnose vornehmen, die jedoch nur als Indiz zu betrachten ist. Trotzdem ist eine Eigendiagnose eminent wichtig, damit Sie den richtigen Weg zur fachlichen Diagnostik sowie geeignete Maßnahmen einleiten. So verhindern Sie eine Fehldiagnose und vermeiden es, in die “psychische Schiene” gesteckt zu werden.

Wohin mit dem Verdacht Diagnose Burnout?

Die erste Anlaufadresse sollte der Hausarzt sein, damit dieser im Ausschlussverfahren andere körperliche Erkrankungen ausschließen kann, die sich durch ähnliche Symptome bemerkbar machen. Dazu zählen beispielsweise Schilddrüsenunterfunktion, Tumore sowie chronische Infektionen.

Blut und Hormonhaushalt sollten labormedizinisch untersucht werden. Die Laborwerte können Aufschluss über etwaige Mangelerscheinungen oder andere auffällige Werte wie z. B. burnouttypische Stressmarker geben. Laboruntersuchungen sowie bildgebende Untersuchungen sind ohnehin notwendig, da in den verschiedenen Phasen des Burnouts es zu biochemischen Veränderungen im Körper kommt, durch die psychosomatische Krankheiten begünstigt werden können. Laborergebnisse stellen somit einen wichtigen Teil in der Burnoutdiagnostik dar.

Eine Vorstellung bei einem Psychotherapeuten kann durchaus sinnvoll sein, um einen Test wie Maslach Burn-Out-Inventar (MBI), Trierer Inventar zum chronischen Stress (TICS) oder Kopenhagener Burn-Out-Inventar (KBI) zu machen. Diese Screeninginstrumente sind zwar ebenfalls nicht zuverlässig geeignet, um die Diagnose Burnout zu bestätigen oder zu widerlegen. Doch die Testergebnisse sind weitere Puzzle-Stücke, die in der Diagnostik relevante Hinweise geben.

Diagnostische Abklärung führt häufig zur Verschlimmerung

Aufgrund fehlender Diagnose-Standards ist es erfahrungsgemäß langwierig und mühsam, bis Klarheit besteht. Obwohl es das Letzte ist, was Männer und Frauen mit dem Verdacht auf Burnout in ihrem Erschöpfungszustand noch brauchen, müssen sie meist lange suchen, unter Umständen mehrmals Ärzte und Therapeuten wechseln und sich gegen falsche Diagnosen wehren, bis sie kompetente und richtige Hilfe bekommen.

Zeit nehmen für die Heilung von Burnout

Die Heilung von Burnout erfordert viel Zeit und die richtige Diagnose

Als Betroffener sollten Sie sich nicht selbst zusätzlich unter Druck setzen, dass eine schnelle Lösung her muss und zudem sollten Sie auch keine Diagnose annehmen, von der Sie überzeugt sind, dass sie nicht stimmt. Denn dies würde wahrscheinlich bedeuten, dass man Sie zu Therapien bewegen möchte, die Ihnen nicht helfen, wenn es sich tatsächlich um den Burnout handelt.

Als Betroffener sollten Sie grundsätzlich sich gut verstanden und ernst genommen fühlen. Kein Arzt oder Therapeut wird Ihnen weiterhelfen, wenn der Behandelnde die schwerwiegenden Symptome als “Modekrankheit” abwinkt oder leichtfertig eine Fehldiagnose erhebt.

Die Sorge Betroffener, in die “Psycho-Schublade” gesteckt zu werden, ist berechtigt. Die Diagnose Depression fällt Medizinern immer noch leichter als die zutreffende Diagnose Burnout. Diskussionen mit einem Psychotherapeuten / Psychiater darüber, ob es den Burnout gibt oder nicht, sind nicht zielführend. In einem solchen Fall ist es besser, sich nach jemand anderem umzuschauen. Hilfreich ist es, wenn gezielt nach Ansprechpartnern gesucht wird, die sich auf fachlicher Ebene mit dem Burnoutsyndrom eingehend beschäftigen. In Frage kommen auch Coaches, Hynpotherapeuten und Experten im Bereich NLP. Gerade in diesen Berufsgruppen ist man dem Burnout gegenüber weit aufgeschlossener und in der Lage, Methoden zu vermitteln, mit denen man besser entspannen, abschalten und Stress bewältigen kann. Letztelendes geht es vorrangig nicht darum, eine offizielle Burnout-Diagnose zu erhalten, sondern kompetente Unterstützung, wieder in ein normales Leben zurückzufinden und die Gründe für den Burnout abzuschalten.