Burnout Angehörige: Wie kann man Betroffenen helfen?
Das Burnoutsyndrom ist nicht nur für Betroffene, sondern auch für das soziale Umfeld eine schwierige Situation. Insbesondere betrifft der Burnout Angehörige deshalb, weil sie den Erschöpfungszustand und die damit einhergehende Wesensveränderung oftmals hautnah miterleben. Der Wunsch, der betroffenen Person helfen zu wollen ist groß; die eigene Erwartungshaltung, etwas tun zu können, ist hoch. Allerdings werden Angehörige oft selbst durch die hochproblematische Symptomatik des Burnouts einer massiven Belastungssituation ausgesetzt. So kann die Absicht, helfen zu wollen, zu einer deprimierenden und kaum lösbaren Aufgabe werden. Dennoch sind gerade die engen Angehörigen, zu denen Lebenspartner, Eltern, Kinder, Geschwister, Freunde und manchmal auch Kollegen zählen, wichtige Unterstützer für die Betroffenen. Angehörige können maßgeblich dazu beitragen, die Lebenssituation trotz Burnout wieder deutlich zu verbessern.
Warum Angehörige den Burnout oft zuerst bemerken
Abgeschlagenheit, ständige Erschöpfung, unentwegte Unzufriedenheit, häufiges Kranksein sind die ersten typischen Burnoutsymptome, die bereits nach kurzer Zeit deutlich von Familienangehörigen, Freunden und Arbeitskollegen wahrgenommen werden können. Während Burnout-Betroffene sich innerlich zurückziehen, mit sich selbst unzufrieden sind und nicht an einen besorgniserregenden Zustand denken, ahnen Angehörige, dass etwas nicht stimmt. Betroffene selbst sind mit dem alltäglichen Rotieren zwischen Erschöpfung, abnehmender Leistungsfähigkeit und dem meist selbst aufgestellten, hohen Leistungsdruck beschäftigt.
Angehörige, die nicht in dieser Misere stecken, bemerken zu einem frühen Zeitpunkt die ersten Anzeichen von Burnout und suchen nach einer Erklärung. In der heutigen Zeit liefert das Internet häufig die erste Verdachtsdiagnose. Und so erfahren Burnoutbetroffene nicht selten von einer angehörigen Person, welche gesundheitliche Problematik vorliegen könnte. Angehörige sind somit auch wichtige Impulsgeber, gegen das Burnoutsyndrom aktiv zu werden.
So können Angehörige bei Burnout helfen
Der Burnout ist keine anerkannte Krankheit, was die Diagnostik des Syndroms massiv erschwert. Bis die Diagnostik ein vorliegendes Burnoutsyndrom bestätigt, kann es lange dauern. In dieser Zeit sind die Burnoutpatienten meistens sich selbst überlassen und erhalten in der Regel keine professionelle Hilfe. Ganz im Gegenteil: Sie tappen im Dunkeln und so können sie den Ursachen und Symptomen des Burnouts kaum wirksam entgegentreten. Wie auch, wenn noch nicht klar ist, um welches Problem es sich handelt.
Diagnostische Klarheit fehlt: Darum ist frühe Hilfe beim Burnout fast unmöglich
Da sich beim Burnout seelische und körperliche Erschöpfungszustände vermischen, aber Betroffene zumindest in den ersten Stadien des Burnouts nach wie vor mit dem Fuß auf dem Gaspedal stehen, werden seelische und körperliche Beschwerden übergangen. Letztlich ist nicht klar, wo Betroffene Hilfe finden und welche Experten die richtigen Ansprechpartner sind – Hausarzt, Nervenarzt, Psychotherapeut oder Psychiater? Und darüber hinaus fehlt aufgrund der sich verstärkenden Erschöpfung auch noch der Antrieb, sich um die Gesundheit zu kümmern und einen Gang zurückzuschalten.
Professionelle Hilfe ins Boot holen – Angehörige sind wichtige Motivatoren
Genau hier kann die Unterstützung von Angehörigen greifen. Zwar gibt es in den meisten Fällen noch keine Diagnose, sodass Angehörige intuitiv als “Hobbypsychologen” auftreten. Doch mit diesem Gespür liegen Familienmitglieder und Freunde oftmals richtig. Sie kennen die betroffene Person und haben vermutlich die Veränderungen in unmittelbarer Nähe mitbekommen. Die Einschätzung, ob der oder die Burnoutbetroffene regelmäßig über dem Limit aktiv war und nun regelrecht ausgebrannt ist, lässt sich deshalb gut vornehmen.
Nahestehende Menschen können im ersten Schritt …
- dazu ermuntern, diesen Burnout-Test machen.
- einen Termin beim Hausarzt anregen.
- die Idee anzuregen, einen Psychotherapeuten aufzusuchen.
- bei der Suche nach einer Selbsthilfegruppe behilflich sein.
- zu Beratungsstellen begleiten.
- soziale Kontakte aufzubauen.
Internistische Untersuchungen sind besonders wichtig, solange das Erschöpfungssyndrom als Ursache noch nicht diagnostiziert wurde. Organische Ursachen und schwere körperliche Erkrankungen können ähnliche Symptome wie beim Burnout erzeugen – es geht also auch darum, durch Ausschlussdiagnostik Klarheit zu erhalten. Möglicherweise liegt gar kein Burnoutsyndrom vor.
Verdacht auf Burnout: Zu mehr Erholung und Freizeitaktivitäten anregen
Selbstverständlich sollten Angehörige durch weitere Unterstützung Hilfestellungen geben. Liegt tatsächlich die Erschöpfungsproblematik vor, treten Angehörige als wertvolle Ressource ein, wo dem Burnoutbetroffenen selbst die Energie fehlt, aus eigenem Antrieb aktiv zu werden und sich besser um sich selbst zu kümmern.
Auf jeden Fall sollten bei dem Verdacht auf Burnout Angehörige den Betreffenden dazu motivieren, mehr Erholungspausen einzulegen. Dies fällt Burnoutbetroffenen ebenso schwer, wie in der Freizeit entspannende Freizeitaktivitäten zu unternehmen und erholsame Wellnessangebote in Anspruch zu nehmen. Der Burnout entsteht schließlich dann, wenn die Balance von Stress und adäquater Erholung über längere Zeit aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Als geeignete Freizeit- und Wellnessangebote eignen sich beispielsweise:
- Sport
- Kurzurlaub
- Spaziergänge
- Massagen
- Kultur
Es müssen keine “großen” Aktionen sein. Es geht ja darum, trotz Aktivität einen Erholungswert zu erreichen. Ein gutes Beispiel ist Sport. Im Fokus steht nicht das körperliche Auspowern, sondern das Abschalten von Alltagsstress. Sehr zu empfehlen ist Schwimmen. Dabei entspannen sich die Muskeln und der Kopf kann abschalten. Bietet sich einhergehend damit die Gelegenheit, gemütlich am Strand oder auf der Wiese am Badesee zu liegen und vielleicht sogar ein leckeres Eis zu schlecken, kann der Erholungswert super und nachhaltig sein. Ähnlich verhält es sich bei einer gemütlichen Fahrradtour – vollkommen stressfrei. Ein leichtes Fitnessprogramm bewirkt ähnliche gute Resultate.
Passive Freizeitgestaltung hilft ebenfalls
Geeignet ist auch alles andere, was für Entspannung und Erholung sorgt. In aller Ruhe Musik hören. Einen guten Film schauen. Endlich mal wieder Zeit finden, ein tolles Buch zu lesen. Angehörige kennen die Vorlieben und Interessen, wodurch sie solche erholsamen und entspannenden Aktivitäten anregen können:
- Buch schenken
- CD überspielen
- Kino- oder Theaterkarten besorgen
- Malbuch für Erwachsene schenken
Gemütliche Treffen mit Freunden sind ebenfalls toll, um Stress abzubauen und die Seele baumeln zu lassen. Das Einlassen eines Entspannungsbades oder ein gemeinsamer Fernsehabend auf dem Sofa bei Kerzenschein sind im Alltag bewährte Entspannungsmaßnahmen, die leicht von Angehörigen organisiert werden können.
Angehörige helfen durch Entlastung im Alltag und viel Verständnis
Burnoutpatienten waren fast immer sehr aktive Menschen, die ein Höchstmaß an Leistungen erbracht haben. Heute weiß man: Der Burnout erwischt nicht nur Top-Manager und Angehörige stressiger Berufsgruppen. Auch Haushalt, Familie, Hobbys und Ehrenämter können zum Ausbrennen führen. Sogar Arbeitslosigkeit stellt ein hohes Burnoutrisiko dar!
Für Betroffene ändert sich auf einmal alles:
- Die gewohnte Leistung kann nicht mehr erbracht werden.
- Ziele werden nicht mehr erreicht.
- Die Selbstbestätigung bleibt aus.
- Die Unzufriedenheit mit sich selbst wächst.
- Das Gehirn drückt auf die Notbremse.
Dadurch geraten Betroffene in eine burnouttypische Lethargie. Der lethargische Zustand lässt selbst einfachste Arbeiten als unbezwingbar erscheinen. Man ist bereits k.o., noch bevor man überhaupt anfangen hat. Das gilt nicht nur für anstrengende Aufgaben, sondern sogar für Kleinigkeiten wie Abspülen, Staubsaugen, Tischdecken – oder überhaupt morgens aus dem Bett aufstehen.
Hier ist seitens der Angehörigen ein besonders Maß an Verständnis und Mitgefühl gefragt. Hilfe bei alltäglichen und auch schwierigen Aufgaben trägt der Entlastung bei. Vorwürfe sind in Gänze fehl am Platz, wenn etwas doch nicht erledigt wurde oder wenn dem Burnoutbetroffenen zwischendurch die Energie ausgeht und er sich ausruhen muss.
Gewiss ist Verständnis ebenso im Hinblick auf das verminderte Selbstwertgefühl absolut empfehlenswert. Denn auch das ist eine der typischen Burnoutproblematiken.
Dennoch sollten Burnout Angehörige sich nicht verleiten lassen, nun alle Aufgaben zu übernehmen – sonst steht man als Ehefrau, Ehemann, Mutter, Vater, Tochter, Sohn oder Freund bzw. Freundin schnell selbst an der Schwelle zum Ausgebranntsein.
Viel besser sind daher solche Hilfsangebote, die immer mit einer Motivation einhergehen:
- Lass uns das gemeinsam erledigen. Ich helfe dir.
- Teile dir deine Kraft ein. Erledige heute die Hälfte und morgen den Rest.
- Deckst du den Tisch? Ich erledige den Abwasch.
- Mache das, so weit wie du kommst. Was liegen bleibt, erledige ich.
Warum beim Burnout Angehörige entschleunigen sollten
Was für Nichtbetroffene so einfach aussieht, ist es für die betreffende Person nicht. Aufgaben fallen nicht nur schwerer als sonst, sondern können bei fortgeschrittener Burnoutsymptomatik nur noch im stark reduzierten Tempo der betroffenen Person erledigt werden.
Wenn ein Familienmitglied, Freund oder Arbeitskollege ausgebrannt ist, sorgt alleine das Wissen um eine bevorstehende Aufgabe im Kopf für derartigen Stress, dass eine unüberwindbare Blockade eintreten kann. Dies verstärkt die tiefe Erschöpfung und begünstigt die Lethargie.
Förderlich ist es, zu Aktivitäten und zum Erledigung einfacher Aufgaben zu motivieren. Dies sollte jedoch stets ohne Druck – insbesondere Zeitdruck – erfolgen. Jedweder Form von Druck (auch zeitliches Limit) raubt die letzten Energiereserven!
Angehörige können selbst gefährdet sein!
Angehörige sollten darüber hinaus immer gut auf sich selbst achten und Burnoutprävention betreiben. Dazu gehört auch, nicht permanent verfügbar zu sein und öfter mal Nein zu sagen. Betroffene brauchen zwar die Hilfsbereitschaft vom sozialen Umfeld, aber sie muss zum Eigenschutz notfalls auch Grenzen haben können.
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